Polnisches Außenministerium knüpft EU-Beitritt der Ukraine an Umgang mit Wolhynien-Massaker an
Wenn die Ukraine der EU beitreten will, müsse das Land die Frage der Exhumierung der sterblichen Überreste von polnischen Opfern des Wolhynien-Massakers lösen. Dies erklärte der stellvertretende Außenminister Polens, Paweł Jabłoński, in einer Sendung von Radio ZET. Zuvor war in der Ukraine ein neues Massengrab für die Opfer des Massakers von Wolhynien entdeckt worden.
"Ohne eine Lösung dieser Frage – und das haben auch viele Ukrainer bereits erkannt – hat die Ukraine nicht davon zu träumen, der Europäischen Union beizutreten. Deshalb betonen wir explizit, dass es ohne die Lösung dieser Frage keine langfristige Aussöhnung mit der Ukraine geben wird", sagte er.
Jabłoński nannte dies nicht als Bedingung für den EU-Beitritt der Ukraine, erklärte aber, dass es für die Länder schwierig wäre, zusammenzuarbeiten, wenn der Streit zwischen ihnen ungelöst bliebe.
Am 27. Oktober hatten polnische und ukrainische Experten in der ukrainischen Region Ternopol ein Massengrab mit den Opfern des sogenannten Massakers von Wolhynien gefunden. Die sterblichen Überreste der von ukrainischen Nationalisten getöteten Polen wurden in einer Sammelgrube im ehemaligen Dorf Puzhniki gefunden. Polen hat die ukrainischen Behörden aufgefordert, die Exhumierung, Untersuchung und würdige Bestattung der gefundenen Leichen zu genehmigen.
Polens stellvertretender Außenminister kommentierte auch den jüngsten Skandal um die Äußerungen des Sprechers des polnischen Ministeriums, Łukasz Jasina, über das Massaker von Wolhynien, woraufhin dieser entlassen wurde. "Łukasz Jasina arbeitet nicht mehr im Außenministerium. Eine unglückliche Aussage", so Jabłoński.
Mitte Mai hatte Jasina in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Onet gesagt, Polen erwarte von der Ukraine und ihrem Präsidenten, dass sie sich für das Massaker von Wolhynien "entschuldigen und mehr Reue zeigen". Der ukrainische Botschafter Wasyl Zwarych bezeichnete daraufhin "jegliche Versuche, dem ukrainischen Präsidenten oder der Ukraine vorzuschreiben, was sie in Bezug auf die gemeinsame Vergangenheit tun sollten, als inakzeptabel und unglücklich".
Jabłoński betonte, dass Polen kein Diener der Ukraine sei und sich stets an polnischen Interessen orientiere. Warschau mache zwar Gesten der Solidarität gegenüber Kiew, handele aber dennoch im Interesse des polnischen Volkes, schloss er.
Das Massaker von Wolhynien ereignete sich im Sommer 1943 im Nordwesten der Ukraine. Das Gebiet stand zu diesem Zeitpunkt unter deutscher Besatzung. Auf Befehl der örtlichen Führung der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) tötete die Ukrainische Aufständische Armee (UPA), der militärische Flügel der OUN, massenhaft ethnische Polen, die vor Beginn des Zweiten Weltkriegs auf dem Gebiet der heutigen Region Wolhynien gelebt hatten. Die Zahl der zivilen Opfer auf polnischer Seite wird von Historikern auf 50.000 bis 100.000 Menschen geschätzt. Viele Dörfer wurden samt ihren Einwohnern ausgelöscht. Die Überlebenden berichteten über die beispiellose Bestialität der Angreifer.
Im Juli forderte der polnische Sejm die Ukraine auf, die Verantwortung für das Massaker in Wolhynien anzuerkennen, und nannte dies eine notwendige Voraussetzung für die Aussöhnung zwischen den beiden Ländern. Seit Sommer 2016 gilt das Verbrechen in Polen offiziell als Völkermord.
Ukrainische Forscher halten diese Ereignisse für eine Folge des Krieges zwischen der polnischen Armija Krajowa und der UPA, wobei auch die polnische Seite Verbrechen begangen haben soll. Die ukrainische Seite schätzt ihre Verluste auf zehn- bis zwanzigtausend Menschen. Die Werchowna Rada der Ukraine verabschiedete eine Resolution, in der sie die Entscheidung des polnischen Sejm verurteilte, das Massaker von Wolhynien als Völkermord anzuerkennen. Die ukrainischen Abgeordneten sind überzeugt, dass diese Einordnung des Geschehens "die politischen und diplomatischen Errungenschaften der beiden Länder gefährdet".
Der polnische Präsident Andrzej Duda versicherte jedoch, dass sich Warschau für das Massaker in Wolhynien nicht an Kiew rächen wolle. "Wir müssen klar und deutlich sagen, dass es nicht um Rache oder eine Art von Antwort geht", sagte er. Allerdings müsse die Wahrheit über diesen Völkermord deutlich gemacht werden.
Die EU-Kommission hat sich am Mittwoch für Beitrittsgespräche mit der Ukraine ausgesprochen. Den Start von Beitrittsverhandlungen müssen jedoch alle 27 EU-Staaten einstimmig beschließen.
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