Meinung

Schwurbeln in Südafrika: Baerbock vergleicht Apartheid-System mit der DDR

Annalena Baerbock hielt in Südafrika eine Rede: Apartheid ist so wie die DDR, Russland ist an den Auswirkungen der Sanktionen schuld, und wenn Putin seine Truppen zurückzieht, ist der Krieg vorbei. Mit ihrer bizarren Sicht macht Baerbock deutlich: Die deutsche Politik ist ein Totalausfall.
Schwurbeln in Südafrika: Baerbock vergleicht Apartheid-System mit der DDR© IMAGO/Thomas Koehler

Von Gert Ewen Ungar

Annalena Baerbocks Reise nach Südafrika zeigt: Die deutsche Außenministerin ist lernfähig. Zumindest ein bisschen. Sie hat nicht sofort von oben herab belehrt. Das ist ein Fortschritt. Stattdessen setzte sie auf Schmeicheleien und bizarre Vergleiche.

In ihrer Rede vor der deutsch-südafrikanischen binationalen Kommission behauptete die 1980 geborene Baerbock, als Vierzehnjährige von der ersten Wahl in Südafrika tief ergriffen worden zu sein.

"Wenn ich an Südafrika denke, habe ich immer ein Bild vor Augen: von den Menschen, die 1994 Schlange stehen. Es sind diese Bilder von Millionen von Südafrikanern aller Hautfarben, die anstehen, um in Südafrikas erster demokratischer Wahl ihre Stimme abzugeben.
Es gibt ein wunderbares Bild von Desmond Tutu, der an jenem Tag an der Wahlurne sagt: 'Heute hat das neue Südafrika begonnen.' Dann lächelt er und fügt hinzu: 'Ist das nicht fantastisch?'"

Das klingt nach dem, was Baerbock vermutlich am besten kann: ihren Lebenslauf fälschen. Den Betroffenheitskitsch will man ihr jedenfalls nicht so recht abnehmen. 1994 war Baerbock vor allem mit Trampolin-Springen beschäftigt und nahm in diesem Zusammenhang an den Deutschen Meisterschaften und an den Trampolin-Weltjugendspielen in Portugal teil.

Ob die Vorbereitungen darauf einer vierzehnjährigen Schülerin noch genug Zeit lassen, sich mit weltpolitischen Themen zu beschäftigen – man darf es bezweifeln. Sei's drum. Es lässt sich einwenden, diese fantasievolle Ausschmückung der eigenen Biografie sei dem Willen Baerbocks zur Einschmeichelei und Anbiederung geschuldet.

Was dann aber folgt, ist absolut bizarr: Baerbock vergleicht das rassistische Apartheidsregime in Südafrika mit der DDR.

"Insbesondere in meinem Land Deutschland, das den Terror der Diktatur kennt, sind diese Bilder heute noch präsent. In unserem Land, wo man auch weiß, welch ungeheure Kraft die Sehnsucht nach Freiheit in uns Menschen freisetzen kann. Dank dieser Kraft konnten die tapferen Menschen in Ostdeutschland die Berliner Mauer zu Fall zu bringen und endlich auch in Freiheit und Demokratie leben ..."

Liest die Redekonzepte von Baerbock niemand gegen? Dieser Vergleich ist so umfassend schräg und abwegig, dass es schwerfällt, ihn hinsichtlich all der historischen und politischen Unstimmigkeiten zu ordnen. Aus diesem Grund sei lediglich eine Anmerkung gemacht: Vermutlich schätzt man die DDR in Südafrika deutlich positiver ein als im Auswärtigen Amt.

Die DDR jedenfalls hat im Gegensatz zu Westdeutschland das Apartheidsregime in Südafrika verurteilt und sich an Sanktionen gegen das Regime beteiligt. Es ist daher anzunehmen, dass die Sicht Baerbocks auf die DDR in Südafrika nicht geteilt wird und ihr Vergleich mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen wurde.

Ebenfalls ganz klar nicht geteilt wird Baerbocks Sicht auf die geopolitischen Ursachen für die weltweit gestiegene Inflation, die Energiekrise und Nahrungsmittelmangel. Baerbock behauptet, all dies sei von Russland verursacht worden.

"Russlands Angriffskrieg hat nicht nur schreckliches Leid über die Menschen in der Ukraine gebracht, er hat auch eine Wunde geschlagen, die sich weit über Europa hinaus erstreckt, und in vielen Teilen der Welt, in vielen Teilen Afrikas die Ernährungs- und Energiekrise noch verschlimmert."

Dabei ist völlig klar, dass es das westliche Sanktionsregime ist, das die globale Krise ausgelöst hat und sie aufrechterhält. Baerbock leugnet diesen Zusammenhang, obwohl er offensichtlich und belegt ist. Sie übergeht auch die internationale Staatengemeinschaft und lehnt jegliche Korrektur des Sanktionsregimes ab. Der UN-Menschenrechtsrat hat in einer Resolution die Sanktionen als völkerrechtswidrig verurteilt und ihre sofortige Rücknahme gefordert. Im Bundestag darauf angesprochen, stellte sich Baerbock über das Völkerrecht und versichert, an den Sanktionen festhalten zu wollen – egal, wie die Weltgemeinschaft darüber urteilt. Baerbock bekam im Bundestag für ihre Haltung obendrein Applaus. Deutschland stellt sich wieder einmal über alles.

Die Verweise auf das Völkerrecht, seine Wichtigkeit und Bedeutung wirken daher aus Baerbocks Mund absolut unglaubwürdig, ja verlogen. Deutschland instrumentalisiert internationales Recht für seine Zwecke, fordert dessen Befolgung, wenn es deutschen und vor allem transatlantischen Interessen dient, und setzt sich darüber hinweg, wenn es den Plänen des Westens im Wege steht. Die Ausführungen der deutschen Außenministerin kann in diesem Zusammenhang niemand ernst nehmen.

Und dann kommt am Ende ihrer Rede noch die deutsche Maximalforderung, deretwegen die deutsche Außenpolitik nicht mehr für voll genommen wird: Russland müsse nur seine Truppen zurückziehen, und schwupp sei der Krieg vorbei. Mit dieser Forderung tingelt Baerbock durch die Welt, und die in all ihrer politischen Naivität wird sie von den Anhängern der Grünen wiederholt.

"Damit der Krieg endet, muss Russland seine Bombardierungen einstellen und seine Soldaten abziehen. Dieser Krieg – und darüber haben wir bereits gesprochen – ist ein Angriff auf die VN-Charta, auf jene Regeln also, die uns alle verbinden und schützen."

Einfache Lösungen sind meist keine. Damit dieser Krieg endet, müssen Russlands Sicherheitsinteressen berücksichtigt und sichergestellt werden, dass die Ukraine keinen Genozid an den russischsprachigen Menschen im Osten der Ukraine begeht. Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben.

In Deutschland gibt man sich in Bezug auf den Ukraine-Konflikt einem grünen Populismus hin, leugnet historische Abläufe und pflegt eine absolut einseitige Sicht, wobei man auch noch jede inhaltliche Diskussion über diese Sicht ablehnt. Deutschland fällt daher für die Suche nach einer Friedenslösung aus. Im Gegenteil ist klar, dass Deutschland mit dem Festhalten an der Maximalforderung zu den Kriegstreibern gehört. Das hat man nicht nur, aber auch in Südafrika verstanden. In Deutschland ist man von dieser Erkenntnis noch sehr weit entfernt.

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